Kein Thema beschäftigt mich im Moment mehr als das Thema Reichweite. Interessanter Weise war dazu gerade am Freitag ein sehr guter Blogpost von einer lieben Bloggerkollegin bei meinen Facebook Nachrichten dabei. Die subjektive Wahrnehmung ist es, die einen dann, wie wenn es Zufall wäre, mit passenden Geschehnissen und Hinweisen zu dem versorgt, was einem gerade auf dem Herzen liegt. Wenn es ums Bloggen geht, steht, neben interessanten Inhalten und einer professionellen Umsetzung, das Thema Reichweite ganz mächtig über allem. Ich traue mir zu sagen, dass der Blogger in ersten Linie auf seine Reichweite reduziert wird. Ein schönes visuelles Erscheinungsbild ist bei weitem kein Erfolgsgarant mehr.

Ich blogge, also bin ich…

So hat Kea von Hello Mrs. Eve ihren Blogpost am Freitag betitelt. Eine sehr gute Headline, die das Thema auf den Punkt bringt.

Weiters heißt es:
„Das Bedürfnis den eigenen Wert zu finden, sich selbst als wichtig, nützlich und bedeutsam in dieser oft verwirrenden Welt zu erleben, trägt jeder von uns in sich. Manche versuchen es durch die perfekte Figur zu erreichen, manche mit der Anzahl der Frauen, die sie ins Bett gebracht haben, mit teuren Autos, sportlichen/beruflichen Erfolgen.(…) Oder aber eben durch Follower. Die Maßzahl der Blogger. Das Urteil, ob du etwas bist oder nicht. Ob du Wert hast oder nicht.“ Valeria Anna

Ich blogge nun seit fast genau 1,5 Jahren und mein Blog, so wie ihr ihn kennt, ist weit mehr als nur ein Hausfrauenhobby neben den Kindern – ganz im Gegenteil er ist schon fast ein Fulltimejob.

Vielleicht hole ich dazu nochmals kurz aus.
Vor genau zwei Jahren hat sich für mich wieder die Frage gestellt „Was kannst du jetzt beruflich machen, jetzt, wo die Kinder aus dem Gröbsten draußen sind?“
Salzburg ist eine kleine Stadt und genau so klein ist auch das Jobangebot an interessanten und internationalen Firmen. Wenn man ganz ehrlich ist, ist es für Mütter unglaublich schwer nach der Karenz wieder ins Berufsleben einzusteigen. Für mich persönlich hätte das bedeutet: Gehe entweder als Grafikerin in ein Unternehmen zurück oder versuche es zum zweiten Mal mit der Selbstständigkeit, mit etwas was sich gut mit Familie und Haushalt koordinieren lässt. Als Grafikerin hätte ich mit einer 15-20 Stunden Festanstellung jungen Mädels und Burschen in den 20er Jahren zugearbeitet. Für mich wäre das mehr als unbefriedigend gewesen, ich bin 38 und habe eine sehr erfolgreiche Berufslaufbahn hinter mir. Ich verstehe natürlich auch die Arbeitgeber – tolle Projekte können mir nicht mehr gegeben werden, diese brauchen einfach so viel Aufmerksamkeit, die ich nicht einbringen kann und dann noch die vielen Ausfälle, die man als Mutter hat, wenn die Kinder krank sind oder etwas anderes dazwischen kommt.

„Warum können wir uns immer erst dann als wichtig erleben, wenn uns andere dies bestätigen?“ Valeria Anna

Auch hierzu hat Kea ein sehr passendes Zitat in ihrem Blogpost angeführt:
„Die intrinsische Motivation ist die innere, aus sich selbst entstehende Motivation eines jeden Menschen: bestimmte Tätigkeiten macht man einfach gern, weil sie Spaß machen, sinnvoll oder herausfordernd sind oder einen schlicht interessieren. Intrinsisch motivierte Tätigkeiten werden – im Gegensatz zu extrinsischen Motiven – um ihrer selbst Willen durchgeführt und nicht, um eine Belohnung zu erlangen oder eine Bestrafung zu vermeiden.“ Quelle: lernpsychologie

Stimmt, oder? Im Idealfall kann man seinem Traumberuf nachgehen, man ist glücklich und erfüllt und wenn alles glatt läuft erntet man auch noch viele Lorbeeren, die der Mensch so sehr braucht, wie das tägliche Brot. Bestätigung, Lob und Anerkennung, das ist es doch wonach wir Menschen streben, sei es im beruflichen oder auch im privaten Leben.

Und da wären wir nun beim Kernthema des Bloggens. Dadurch, dass man als Blogger eine Art Öffentlichkeitsperson ist, die sich selbst darstellt und seine Interessen mit anderen teilen möchte, bekommt man täglich Feedback oder nicht in Form von Likes und Kommentaren.

Ganz am Anfang habe ich völlig unbeschwert gebloggt, Dinge gezeigt, die mir besonders gut gefallen und die meiner Meinung nach inspirieren. Ich habe das aus purer Freude und Leidenschaft getan, weil ich mich so sehr für gutes Design begeistern kann. Diese Unbeschwertheit ist leider verloren gegangen. Ich blogge nur noch um zu buhlen und Aufmerksamkeit zu erhaschen – auf Biegen und Brechen. Wenn man so viel Zeit und Arbeit in ein Projekt steckt, möchte man auch irgendwann ein Stück weiter kommen, immer mehr Leser erreichen und einen Rücklauf verspüren. Ganz zu schweigen davon wäre es auch ein wunderbarer Nebeneffekt mit seiner Arbeit zu monetarisieren.

„Wer von uns würde wohl noch bloggen und das über zehn Jahre, wenn wir nur einen einzigen Follower hätten? Hand hoch?“ Kea von Garnier

Nein, oder? Meine Reichweite ist so unglaublich gering, dass ich mich im Moment täglich frage ob es das noch wert ist. Viele Leute haben mir gesagt „Du brauchst einen langen Atem, sei geduldig und irgendwann wird die Post schon abgehen!“ Da haben sie wohl recht, ich kenne das aus meiner Anfangszeit als ich mich als Grafikerin selbstständig gemacht habe. Ich verfolge ein Ziel, ich weiß ganz genau wo ich hin möchte, das ist schon mal ein guter Ansatz, aber es ist so unglaublich schwer nicht vom Weg abzukommen und sich täglich aufs Neue zum Weitermachen zu motivieren.
So wie es derzeit aussieht habe ich meine persönlichen Ziele für das Jahr 2016 nicht erreicht. Am Freitag war ich kurz bei IKEA und vor der Kasse war bereits das gesamte Weihnachtssortiment aufgebaut. Ein Stich mitten ins Herz, weil mir das gezeigt hat, dass das Jahr de facto bald rum ist.
Ich wollte im Herbst richtig durchstarten und am Ende des Jahres auf eine gute Bilanz zurückblicken. Ganz ehrlich im Moment bin ich völlig entmutigt und bekomme feuchte Augen. Es ist nicht so wie ich es mir erhofft habe.

Egal wo ich hinkomme, egal welche Anfrage ich von Firmen erhalte, jeder ist nur an meiner Reichweite interessiert. Klar, ich verstehe das auch aus Sicht der Labels, sie wollen durch eine Zusammenarbeit profitieren und ihre Produkte bestmöglich an den Mann bringen. Doch warum gibt es immer noch keine echten Budgets für Kooperationen? Beziegungsweise bekommen nur die Blogger einen angemessenen Deal, die ganz groß sind. Für kleine Fische wie mich ist nichts dabei. Ich arbeite also umsonst und da ist es dann zu verstehen, dass man an einen Punkt kommt wo man auch mal wirtschaftlich denken muss.

Lösung?

In erster Linie muss man natürlich das ganze SEO-Ding gut beherrschen, die passenden Keywords einbauen und man kommt nicht drum herum täglich seine Social Media Kanäle zu pflegen, stundenlang zu stöbern, zu liken und Kommentare zu schreiben. Das muss man mir nicht mehr erklären. Das ist aber auch ein großer Zeitaufwand und deshalb gibt es in vielen Firmen bereits Social Media Manager, die nichts anderes tun als die Accounts der Firmen mit neuen Geschichten zu befüllen.

– Ich kann mir so einen Manager nicht leisten.
– Ich habe einfach zu wenig Zeit als Hausfrau und Mutter (jeden Vormittag max. 5 Stunden)
– Und ich möchte meine Familie nicht vernachlässigen und ihnen weniger Aufmerksamkeit schenken, nur weil ich praktisch stundenlang an meinem Handy kleben müsste um genau das zu tun: Liken, klicken, kommentieren. Das würde dann jeden Abend betreffen und wo geht es dann mit meiner Ehe hin?

Was bleibt mir also übrig?

Längst kein Geheimnis mehr, aber für ein recht schlankes Budget kann man heute schon sehr viele Follower kaufen.

„Als ich beschloss meinen Kauf einfach unter den Tisch zu kehren, fiel mir dennoch eine neue Veränderung auf meinem Profil auf. Die gekaufte Zahl log für mich und täglich kamen jetzt mehr Menschen bei mir vorbei, kommentieren, gaben mir Likes und folgten mir auch. Fast, als hätten sie jetzt erst bemerkt, dass ich existiere. Schneller als gedacht erreichte ich vor einer Woche die Grenze der 10.000 Follower. Eine Zahl, beziehungsweise ein Meilenstein über welchen man sich eigentlich freut. Bei mir jedoch hatte sie einen ganz faden Beigeschmack und die Bildunterschrift „Danke für 10K Follower“ war eine Lüge für mich selbst. Ich schämte mich in Grund und Boden, fühlte mich schlecht vor den echten Verfolgern meiner Seite, als hätte ich nicht nur mich, sondern auch sie angelogen.“ Katja von AMOUREUXEE

Genau so wie Katja bin ich gerade der Versuchung sehr nahe da etwas nachzuhelfen, mein zerknautschtes Ego mit Fakeprofilen aufzupolieren. Nur dass ich endlich meinem Ziel ein Stück näher komme? Nur weil der Ehrgeiz mein größter Feind ist?

Das ist doch ein verlogene Welt, oder?

Ich bin ein so unglaublich ehrlicher Mensch, vielleicht schon zu ehrlich für diese Welt und nun stecke ich tief drinnen – in einer Sinnkrise, die mich sehr über die Zukunft meines Blogs nachdenken lässt.

Ich möchte einmal ganz klar darstellen, dass ich mir jeden meiner lieben Leser, die mir schon so lange treu sind, ehrlich und mit sehr viel harter Arbeit verdient habe.
Meine Zahlen sind nicht geschönt und eines sollte doch klar sein: Im Vordergrund sollte immer die Leistung und auch die Persönlichkeit stehen? Oder?

Wann werden das die Firmen kapieren?

Ich weiß es nicht.

Ich habe liebe Freundinnen, die mich immer und immer wieder daran erinnern, dass wir nicht für den Ruhm weitermachen sollen, sondern für die Freude am Tun.
Stimmt, trotzdem…

BLOG TO EXPRESS NOT TO IMPRESS!

Bringe ich am Ende dann doch noch den Satz über die Lippen: „Hey Schatz, kaufst du mir ein paar tausend Follower?“

Man wird sehen…